Lebensgerechte Außenräume
Livable environments. Les extérieurs vivants






Livable environments. Les extérieurs vivants
Am 1. Mai 2010 würde der Architekt Roland Rainer 100 Jahre alt. Am selben Tag jährt sich der Tod der Künstlerin Maria Biljan-Bilger – Anlass, an eine künstlerische Partnerschaft zu erinnern, mit einer Ausstellung und einem Katalog. Rainers und Biljan-Bilgers Wege kreuzten sich in der Aufbruchszeit nach dem Zweiten Weltkrieg in Wien. Sie, die Bildhauerin und Keramikerin, gehörte zu den Gründungsmitgliedern der damals progressivsten Vereinigung bildender Künstler, des internationalen Artclub. Er, einer der maßgebenden jungen Architekten, beschäftigte schon für seine frühesten Wiener Bauten bildende Künstler. Als er 1952/53 den internationalen Wettbewerb für die Wiener Stadthalle (gleichwertig mit Alvar Aalto) gewann und mit deren Bau beauftragt wurde, erhielten neben Maria Biljan-Bilger auch Fritz Wotruba, Wander Bertoni, Heinz Leinfellner und Herbert Boeckl Aufträge. Für das Nord-Foyer der Stadthalle gestaltete Maria Biljan-Bilger eine drei Meter hohe und dreißig Meter lange ornamentale Mosaikwand. Maria Biljan-Bilger, die sich zeitlebens dem Kunstmarkt entzog, ging ihren eigenen, eigensinnigen Weg. In ihrer langen Werkliste blieb manches im Projektstadium, wie etwa der Auftrag von Clemens Holzmeister für sein Großes Festspielhaus in Salzburg. Immerhin, die dortige Galerie Welz widmete ihr 1961 die erste große Personalausstellung, die Roland Rainer eröffnete.
Roland Rainer ist ohne Zweifel der Doyen der österreichischen Architektur. Seine Rolle als zentrale Figur ist in vielerlei Hinsichten belegbar: als fordernder und gleichsam prägender Lehrer mehrerer Architektengenerationen an verschiedenen internationalen Schulen, als Stadtplaner von Wien in den Jahren 1958–63 und vor allem als Theoretiker und Praktiker einer menschengerechten Architektur. Das Buch bietet einen Gesamtblick auf ein Leben für die Architektur: nicht etwa, um am Ende eine Bilanz zu ziehen, sondern um einen Blick auf das Wesen der Architektur selbst zu werfen, um das Unwesentliche wegzulassen und Raum für das Wesentliche zu schaffen.
Trotz aller gegenwärtigen Hochhauseuphorie darf eine Entwicklung nicht übersehen werden, die zum Teil im Widerspruch zu den Vorstellungen verantwortungsbewußter Wohn- und Städtebaupolitik steht. Davon betroffen sind eine Reihe wichtiger Randgebiete, die Frage der Stadterweiterung oder Stadterneuerung, die Erschließung von Stadterweiterungsgebieten, die Bildung lebendiger Zentren in den Bezirken. Das alles findet einen höchst aktuellen Höhepunkt in den Problemen der Uferbebauung der Donau, der sogenannten Platte, die ebenfalls ins Blickfeld der Öffentlichkeit drängt. Außerdem scheint die Erörterung anderer brisanter Themen nötig, wie der immer weitergehenden Einengung und Bevormundung der Entwurfsfreiheit durch, manchmal offenkundig unnötige, wenn nicht sinnlose Vorschriften, denen andererseits der nur allzu sichtbare Mangel an Sicherheit bei den großen Straßen- und Tunnelbauten gegenübersteht. Zu all diesen Fragen hat Rainer in fachlich profunder Weise offen Stellung genommen, sei es durch Interviews, Reden oder Aufsätze und Bücher. Durch charakteristische Bildbeispiele jüngst ausgeführter öffentlicher Bauten und Wohn- und Siedlungsanlagen werden die Ausführungen pointiert sichtbar gemacht.
Arbeiten aus 65 Jahren