Markus Promberger Libri






Topographie der Leiharbeit
Flexibilität und Prekarität einer atypischen Beschäftigungsform
- 303pagine
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Leiharbeit ist ein arbeitspolitisches Problem erster Güte. Zwar ist die Zahl der Leiharbeiter nicht überwältigend groß, doch ist es dieser Beschäftigungsform gelungen, die einfache Arbeit in den industriellen Kernsektoren weitgehend zu übernehmen. Dabei müssen Leiharbeitnehmer gegenüber der Stammbelegschaft deutliche Nachteile in Kauf nehmen, denen nur wenige Vorteile gegenüberstehen – etwa eine leicht erhöhte Chance, einen Dauerarbeitsplatz zu finden. Promberger durchleuchtet in diesem Buch nicht nur die Leiharbeitsbranche mit ihren sozialhistorischen Entstehungszusammenhängen und relevanten Akteuren, sondern auch die Betriebe, die Leiharbeiter einsetzen. Dabei zeigen sich höchst unterschiedliche Einsatzformen der Leiharbeit: von unproblematischen kurzfristigen Vertretungen bis zur dauerhaften Veränderung der Belegschaftsstruktur durch den Einsatz flexibel-prekärer Beschäftigung, die letztlich die soziale Einbettung von Arbeit, wie sie sich im 20. Jahrhundert entwickelt hat, gesellschaftlich in Frage stellen und soziale Spaltungsprozesse auslösen oder vertiefen könnte. Diesem Trend entgegenzuwirken ist eine genuin politische, auch gewerkschaftspolitische Aufgabe.
Arbeitslosigkeit stellt ein zentrales gesellschaftliches Problem dar, das durch staatliche Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik allein nicht gelöst werden kann. Seit 1994 haben einige Unternehmen, angeführt von der Volkswagen AG, innovative Ansätze entwickelt, indem sie Arbeitszeiten verkürzten und Einkommen reduzierten, um Arbeitsplätze zu sichern. Diese Ansätze haben sich mittlerweile verbreitet. Die vorliegende Studie zieht eine umfassende Bilanz der Pioniermodelle von Volkswagen sowie aus dem Bergbau und der Metallindustrie. Sie untersucht die sozioökonomischen Ursachen und die historische Entwicklung der Arbeitslosigkeit und beleuchtet den Zusammenhang zwischen Arbeitszeit- und Beschäftigungspolitik. Es wird aufgezeigt, dass beschäftigungssichernde Arbeitszeitverkürzungen nicht nur formal Arbeitsplätze erhalten, sondern auch eine bedeutende Rolle bei der sozialen Absicherung betrieblicher Flexibilisierung und Rationalisierung spielen. Diese Maßnahmen können deren Wirksamkeit erheblich steigern. Flexible und anpassungsfähige Produktionsweisen auf der Grundlage gesicherter Arbeitsplätze erweisen sich als vorteilhafte Alternative zum 'hire and fire'. Zudem demonstrieren beschäftigungssichernde Arbeitszeitverkürzungen die Anpassungsfähigkeit der oft als überholt angesehenen Sozialpartnerschaft.
Die Tarifparteien bei VW und der Ruhrkohle AG haben mit kräftigen Arbeitszeitverkürzungen in Form der 4-Tage-Woche bzw. zusätzlichen Freischichten tarifpolitisches Neuland betreten und eine sozialverträgliche, produktive Alternative zu Entlassungen entwickelt: Die Beschäftigten verzichten auf Einkommen, dafür erhalten sie mehr Freizeit und eine Arbeitsplatzgarantie. Die Betriebe sparen Kosten und sichern sich qualifizierte und erfahrene Arbeitskräfte. Im Mittelpunkt dieser Studie stehen Fragen nach der betrieblichen Umsetzung der tariflichen Arbeitszeitverkürzungen, ihren Produktivitäts- und Beschäftigungswirkungen sowie den arbeitsorganisatorischen und personalpolitischen Konsequenzen. Obwohl sich die erprobten Modelle nicht umstandslos auf andere Bereiche übertragen lassen, hat die Idee beschäftigungssichernder Arbeitszeitverkürzungen einige Nachahmer gefunden. Dieses Buch zeigt aktuell und praxisnah, welche neuen beschäftigungspolitischen Wege vor allem dort beschritten werden können, wo Massenentlassungen drohen, das Lohnniveau hoch ist und starke Betriebsbindungen sowie kooperative betriebliche Arbeitsbeziehungen existieren.