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Therese Bruggisser Lanker

    Musik und Liturgie im Kloster St. Gallen in Spätmittelalter und Renaissance
    Den Himmel öffnen ...
    Congaudent angelorum chori
    Musik und Tod im Mittelalter
    • In seiner ersten Übersetzung der Artes-liberales-Enzyklopädie des Martianus Capella hat Notker der Deutsche aus dem Kloster St. Gallen um das Jahr 1000 festgehalten, dass die freien Künste dem Menschen den Himmel öffnen. Zu ihnen gehörte auch die Musik, die ihren letzten Sinn aus der Analogie zur vollkommenen Harmonie der zahlhaften Struktur des Kosmos bezog, dem konstitutiven Prinzip absoluter Schönheit und Ausgewogenheit. Im Akt des anagogischen Aufstiegs zur höchsten und innersten Wahrheit – ausgehend von der Wahrnehmung im Sinnesvermögen – prägte sich in der Meditation der göttlichen Geheimnisse im inneren Hören und Sehen ein Ethos aus, das als Seelenbildung den ganzen Menschen erfassen sollte. Die künstlerischen Ausdrucksformen dienten dazu, unter Wahrung der Transzendenz dem Göttlichen eine mediale Präsenz im Diesseits zu verleihen, die sich in der Ästhetik des Ritus wie der Architektur und Ausstattung der Kirche verdichtete. Dieser Bedeutungsraum der Andacht spiegelt das geistige Sinngebäude des Mittelalters, das sich vom Irdischen zum Himmlischen weitet und das Erschaffene auf das Ewige hin transparent macht.

      Den Himmel öffnen ...
    • Das Kloster St. Gallen ist als eines der wichtigsten Zentren der frühen Aufzeichnung des Gregorianischen Chorals und der ersten schöpferischen Erweiterungen durch Tropus und Sequenz in die Musikgeschichte eingegangen. Noch nie wurden jedoch bislang das späte Mittelalter und die Reformationszeit in den Blick genommen: Zeiten der Reformen, der Rückbesinnung auf die eigene große Tradition, der Wiederaneignung der althergebrachten Gesänge, dann aber auch einer Spätblüte der Buchmalerei in Gestalt liturgischer Prachthandschriften und der Einführung der Mensuralmusik – als ein bedeutsamer Schritt Gegenstand ausgiebiger theoretischer Erörterung. Auf Grund der überaus zahlreichen Quellen entsteht ein faszinierendes Bild einer Klosterkultur, deren Liturgie in ihrer reichen Differenzierung und des subtilen Einbezugs der Musik von der bewusst wahrgenommenen Verpflichtung zum würdigen Vollzug des Opus Dei zeugt. Auch wenn die Klöster musikgeschichtlich an den Rand gerückt sind, waren sie doch Träger einer ganz spezifischen Musikpraxis zwischen Tradition und Wandel, die wichtige Fragen zur Funktion der Kirchenmusik wie die nach einer ›verspäteten‹ Rezeption der Renaissance beantworten helfen.

      Musik und Liturgie im Kloster St. Gallen in Spätmittelalter und Renaissance