Das Buch untersucht die Rolle der Religion in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg und dem Aufstieg Hitlers. Am Beispiel Münchens wird gezeigt, wie der Katholizismus und die Minderheiten den kollektiven Kampfgeist prägten. Patriotismus und politische Justiz überwogen, während Pazifismus kaum Gehör fand.
Hat Nuntius Eugenio Pacelli antisemitische Nuntiaturberichte während der Münchner Räterepublik verfasst? Verharmlosten protestantische Geistliche die Ermordung der 21 katholischen Gesellen durch die Weiße Garde 1919? War der Münchner Erzbischof Michael von Faulhaber ein Kriegshetzer? Warum traten Mathilde und Erich Ludendorff aus der evangelischen Kirche aus und gründeten ihre eigene völkisch-religiöse Bewegung? Wieso kam „Der Stellvertreter“ von Rolf Hochhuth erst so spät in München zur Aufführung? Bewältigt die Katholische Kirche unbewusste Schuldgefühle gegenüber früher ausgegrenzten, in Auschwitz ermordeten Menschen durch ihre späte Verehrung als Märtyrer? Musste in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern erst ein Generationenwechsel kommen, damit sie sich der NS-Vergangenheit ungeschminkt stellen konnte? Der Münchner Arbeitskreis Katholizismus-/Protestantismusforschungwidmet sich in acht Beiträgen aus interdisziplinärer Perspektive kritischen Fragen zur Münchner Geschichte zwischen der Novemberrevolution von 1918 und dem Jahr 2012. Unter Auswertung bislang unbeachteter und neu zugänglicher Quellen kommen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu bemerkenswerten Ergebnissen, die wertvolle Impulse für weitere Forschungen liefern.
Der hochbegabte Würzburger Jurist und Staatswissenschaftler, Dr. Georg Angermaier (1913-1945), war der engste Jugendfreund des späteren Kardinals Julius Döpfner. Angermaier wurde als engagiertem Katholiken im „Dritten Reich“ jede aussichtsreiche Karriere versperrt. Ab 1939 wirkte er als Justitiar der Diözese Würzburg und Rechtsberater weiterer kirchlicher Einrichtungen. Er setzte sich engagiert für die Verteidigung kirchlicher Rechte gegenüber dem NS-Regime ein und versuchte seit 1941 im „Ausschuß für Ordensangelegenheiten“ die oftmals diplomatisch agierenden Bischöfe zu öffentlichen Protesten gegen die Menschenrechtsverletzungen des NS-Regimes zu bewegen. Darüber hinaus verfasste er 1942 im Kontext des Kreisauer Kreises Staatsaufbau- und Verfassungspläne für einen demokratischen Neuanfang nach Hitler, die auf ein moralisch und institutionell geeintes Europa zielten.
Vor einem Jahr regte Elisabeth Prégadier die Herausgabe eines Bandes zur Thematik „Frauen und Widerstand“ an. Im Verlaufe des Jahres 2004 kristallisierte sich bei Gesprächen auf Fachkonferenzen mit Kolleginnen und Kollegen nach und nach heraus, daß der Frauenprotest in der Berliner Rosenstraße 1943 durchaus noch nicht als hinreichend erforscht gelten kann. Ich danke daher Jana Leichsenring, Joachim Neander, Pascal Prause und Nathan Stoltzfus, daß sie mit ihren neuen Forschungsbeiträgen, Quellenfunden und Kommentaren diesen Band ermöglicht haben. Dadurch werden bislang unbekannte weitere Aspekte zum Rosenstraßenprotest einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der diversen Archive danke ich für die hilfreichen Auskünfte und die Erlaubnis zum Abdruck der Quellen, Abbildungen und Fotos. Der Förderin dieses Bandes, Elisabeth Prégadier, sei besonders herzlich gedankt. (aus dem Vorwort) München, den 8. Januar 2004 Antonia Leugers