R. Börner , Potsdam; I. Goeckenjan , Bochum; C. Krehl , Karlsruhe; M. Lindemann , Bielefeld; B. Schünemann , Munich, Germany.
Ingke Goeckenjan Libri




Anlässlich seines 80. Geburtstags ehren akademische und persönliche Weggefährten mit dieser Festschrift den Jubilar Ulrich Eisenberg und sein beeindruckendes wissenschaftliches Lebenswerk. Eine zweite Festschrift – wie es die vorliegende ist – hebt nicht nur die besondere wissenschaftliche Leistung des Geehrten und seine Bedeutung für Wissenschaft und Praxis hervor, sondern ist zugleich auch Zeugnis ungebremster Schaffenskraft. Ungebrochen und mit beeindruckender Intensität hat Ulrich Eisenberg auch in den vergangenen zehn Jahren die Arbeit an seinem Werk, »die Sache«, für die er so kraftvoll eintritt, fortgesetzt. Die in dieser Festschrift zusammengetragenen Beiträge beleuchten grundlegende und aktuelle Themen der Kriminologie, des Jugendstrafrechts, des Vollzugs staatlicher Freiheitsentziehung, des Strafverfahrens sowie des Strafrechts, der Strafrechtswissenschaft und der Strafgesetzgebung. Sie sind damit zugleich Ausdruck der thematischen Breite und inhaltlichen Tiefe des Œuvres des Geehrten.
Revision der Lehre von der objektiven Zurechnung
Eine Analyse zurechnungsausschließender Topoi beim vorsätzlichen Erfolgsdelikt
- 360pagine
- 13 ore di lettura
Nach der Lehre von der objektiven Zurechnung ist ein strafrechtlicher Erfolg nur dann als Werk des Handelnden anzusehen, wenn neben den herkömmlichen Tatbestandsmerkmalen - Handlung, Erfolg und Kausalität - zusätzliche, wertende Kriterien erfüllt sind: Der Erfolg sei nur dann objektiv zurechenbar, wenn der Täter ein rechtlich missbilligtes Risiko geschaffen habe, das sich im tatbestandlichen Erfolg realisiere. Diese Voraussetzungen sollen gleichermaßen für Fahrlässigkeits- wie für Vorsatzdelikte gelten. Ingke Goeckenjan unterzieht diese mittlerweile herrschende Auffassung im strafrechtlichen Schrifttum einer kritischen Analyse. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht dabei eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob und inwiefern die drei gängigen zurechnungsausschließenden Topoi (fehlende Risikoschaffung, Handeln innerhalb des erlaubten Risikos, Risikoverringerung) auch für das Vorsatzdelikt Berechtigung beanspruchen können.
In Berlin regelt die Diversionsrichtlinie die Verfahrenseinstellungen im Jugendstrafrecht und sieht die Einbeziehung von Sozialarbeitern als Vermittler vor, was in anderen Bundesländern nicht der Fall ist. Diese Richtlinie hat in der Wissenschaft und Praxis teils heftige Kritik ausgelöst. Die Autorin untersucht die Berechtigung dieser Kritik. Nach einer Einführung in den aktuellen Stand der Forschung und Judikatur zur Diversion beschreibt Ingke Goeckenjan den Ablauf des Berliner Diversionsverfahrens und beleuchtet die Rolle der beteiligten Institutionen wie Polizei, Diversionsmittler und Staatsanwaltschaft. Sie stützt sich auf empirische Erkenntnisse, die sie durch Beobachtungen von Diversionsgesprächen und Interviews mit Verfahrensbeteiligten gewonnen hat. Auf dieser Grundlage analysiert sie die Richtlinie hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit den geltenden gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Regelungen. Goeckenjan kommt zu dem Schluss, dass das Berliner Diversionsverfahren erhebliche rechtliche und faktische Mängel aufweist, insbesondere dass die Rolle der Polizei die Entscheidungskompetenz der Staatsanwaltschaft unzulässig einschränkt. Aus ihren Erkenntnissen leitet sie konkrete Empfehlungen für zukünftige Diversionsregelungen ab.