Im vorliegenden Band wird gefragt, wie im Spannungsfeld von pädagogischen Prozessen der Normalisierung und De-Normalisierung Normen durchgesetzt werden und Gültigkeit erlangen. In einer Pädagogik, die sich als praktische und kritische Wissenschaft versteht, haben die theoretische Reflexion und die empirische Untersuchung von Normalisierungsprozessen eine lange Tradition. Im vorliegenden Band wird zum einen danach gefragt, wie im Spannungsfeld von pädagogischen Prozessen der Normalisierung und De-Normalisierung Normen durchgesetzt werden und Gültigkeit erlangen und wie zum anderen damit immer auch Umbrüche, Grenzen und Verschiebungen von Normalisierungen und Normalität einhergehen. Pädagogische Theorie, Empirie und Praxis sind mit diesen (De-)Normalisierungsprozessen strukturell verknüpft, und die Beiträge zeigen, auf welche Weise diese Verstrickung und ihre Dimension des Politischen problematisiert werden können.
Daniel Wrana Libri




DiskursNetz
Wörterbuch der interdisziplinären Diskursforschung
Die Diskursforschung hat sich in den letzten Jahrzehnten auch im deutschen Sprachraum als ein dynamisches Forschungsfeld etabliert. Ihre terminologische Vielfalt ist allerdings selbst für Spezialistinnen und Spezialisten kaum mehr zu überblicken. Dieses Wörterbuch – das erste seiner Art – kommt dem steigenden Bedarf nach Verständigung über disziplinäre Grenzen hinweg nach. Mit seinen 554 Einträgen deckt es die Breite der Diskursforschung in Philosophie, Soziologie, Politikwissenschaft, Sprachwissenschaft, Literaturwissenschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaft, Geschichtswissenschaft, Psychologie, Erziehungswissenschaft und Geographie ab. Ein unentbehrliches Kompendium für jeden Diskursforscher.
Im Prozess der Professionalisierung von Lehrerinnen und Lehrern entwickeln sich neben Wissen und Können auf einer grundlegenderen Ebene Verständnisse und eigene Positionen zum Lehren und Lernen. Lern- und Professionalisierungsprozesse wurden in den empirischen Studien dieses Bandes während dem Beginn des Studium zum/zur Primarlehrer/in im Rahmen einer Selbstlernarchitektur untersucht, in der webbasierte Lernaktivitäten mit individuellen fachbezogenen Lernberatungsgesprächen verschränkt sind. In den Lernberatungsgesprächen werden individuelle Auseinandersetzungen von Dozierenden und Studierenden um das Lehren und Lernen in den Fachdidaktiken der Mathematik und Musik, der Kunstpädagogik und den Erziehungswissenschaften beobachtbar. Die Untersuchungen zur Entwicklung professioneller Überzeugungen nehmen zugleich die Interaktionen in der pädagogischen Handlungsform des Lernberatungsgesprächs in den Blick und gehen mit dem methodologischen Ansatz einer Analyse diskursiver Praktiken vor. In weiteren Studien werden Transformationen des Professionshabitus, Interventionspraktiken in den Gesprächen, die emotionale Dimension des Lernens und die zeitlichen Herausforderungen in Selbstlernarchitekturen untersucht.
Die vorliegende Studie untersucht die bildungspolitische Durchsetzung und didaktische Gestaltung selbstgesteuerten Lernens als Teil einer neoliberalen Regierungsweise der Erwachsenenbildung und der Transformation der Weiterbildung. Im Fokus steht das Lernjournal, ein didaktisches Instrument, dem bedeutende Effekte auf die reflexive Praxis und die Selbststeuerungsfähigkeiten der Lernenden zugeschrieben werden. Um diese Thematik empirisch zu erfassen, wurden zwei Analysen parallel durchgeführt. Die erste Analyse beleuchtet den didaktischen Diskurs über Lernjournale im Kontext historischer Regierungspraktiken. In der zweiten Analyse wurde ein Korpus von zwölf Lernjournalen ausgewertet, die insgesamt 1200 handgeschriebene Seiten umfassen und von Erwachsenen über ein Jahr in einem Weiterbildungsstudiengang geführt wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass das Programm des selbstgesteuerten Lernens auf eine Kapitalisierung des Selbst abzielt, während gleichzeitig in den didaktischen Texten und den geführten Journalen die Brüche und Widersprüche dieser Formation deutlich werden. Die Studie versteht sich als Anatomie der gesellschaftlichen Bedingtheit von Subjektivität und der Praktiken der Subjektivierung. Sie kritisiert die Machtverhältnisse im Bereich der Weiterbildung und beleuchtet, wie Lernende in reflexiven Praktiken zu sich selbst in Beziehung treten und sich verändern.