Wilhelm Scheuermann oder Die Tragik eines alldeutschen Journalisten
Durch einen Zufall wurde Wilhelm Scheuermann im Frühjahr 2004 wiederentdeckt. Ein unscheinbares vergilbtes Etikett mit dem Namen dieses der Kulturgeschichte unbekannten Sammlers von Altertümern animierte den Autor zu einem intensiven "Graben" – und je tiefer der Spaten in den Boden drang, umso mehr Bruchstücke eines zerstörten Lebens kamen zutage. Aus ihrer schließlichen Verbindung entstand das Bild eines tragisch verlaufenen Lebens
Erstmals dürfte ein größerer Kreis der deutschen Bevölkerung auf den Ort Sahlis im Jahr 2016 aufmerksam geworden sein: Es stand die Versteigerung seines, so nicht selten zugespitzt bezeichnet, »Nazi-Schloßes« an. Der Besitzer Karl-Heinz Hoffmann, der 2004 die Immobilie erworben hatte, war als vormaliger Wehrsportgruppeneiter noch weithin bekannt und man erwartete nun durchaus mit einiger Spannung, wie sich diese Entwicklung gestalten würde. Dennoch bilden nicht diese zwölf Jahre den interessantesten Teil der Historie des Sahliser Rittergutshofes, der im 17. Jahrhundert dort angelegt wurde, und hier tritt der kursächsische Erb-Marschall Hans II. Löser in das Zentrum der Aufmerksamkeit. Auf ihn geht ein in dieser Region einzigartiges Monument zurück: Der »Totenberg«, ein Kenotaph für Ursula Löser. Dieses vom Augustus-Mausoleum in Rom angeregte Denkmal, das Löser seiner zweiten Frau und ihren toten Kindern 1689 setzen ließ und das, weil weitgehend zerstört, von der Kunstgeschichte vergessen wurde, wird in diesem Band ebenso einer näheren Betrachtung unterzogen wie das Lösersche Lusthaus am Lenkersberg, durch das der Totenberg erst seinen Standort bekam. Beide, Lusthaus und Totenberg, gleichen noch immer nicht hinreichend gewürdigten Mosaiksteinchen im Ensemble der Rezeption der Antike im Sachsen des 17. Jahrhunderts.
Börries von Münchhausen, ein Psychopath unter drei Lobbyismokratien
655pagine
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Börries von Münchhausen (1874-1945) ist heute weitgehend vergessen, obwohl er in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als Balladendichter gefeiert wurde und während der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland zu den bedeutenden Autoren mit politischen Ambitionen zählte. Sein Leben fand 1945 ein tragisches Ende, als er angesichts der heranrückenden Roten Armee im März Selbstmord beging. Henning Gans' Studie zu Münchhausen beleuchtet dessen Leben nicht primär durch Werkanalyse, sondern stellt sein Schaffen in einen lebensweltlichen Kontext. Er schildert biographisch die individuelle Entwicklung und das Werk in Bezug auf die zeitgenössischen Umstände. Münchhausens Persönlichkeit und Selbstverständnis flossen sowohl in seine literarischen Arbeiten als auch in sein praktisches Handeln ein. Die umfassende Rekonstruktion bringt zahlreiche vergessene Personen und Ereignisse zurück ins Gedächtnis und erinnert an Skandale, die seinerzeit für Aufsehen sorgten. Gans nutzt eine Vielzahl bislang unerschlossener Quellen, die den oft vereinfachten Darstellungen in Enzyklopädien neue Facetten hinzufügen. Zudem beschäftigt er sich mit den grotesken Nachwirkungen von Münchhausens Leben und prüft retrospektive Veröffentlichungen und Stimmen zu seiner Person. Ein streitbarer Band erwartet die Leser.
Sikelia, dichterisch Trinakria, beziehungsweise Alt-Sizilien hat eine herausragende Bedeutung für die abendländische Kulturgeschichte, etwa durch Pindar, Theokrit, Archimedes und andere. Die Römer kamen ganz unmittelbar mit der griechischen Kultur in Berührung, als sie Sizilien eroberten und Ende des dritten Jahrhunderts vor Christus zu ihrer ersten Provinz machten. Bedeutende Zeugnisse griechischer Kunst und Kultur gelangten nach Rom. Sizilien spielt somit eine Vermittlerrolle. Die Entdeckung des sikeliotischen Kulturerbes setzte in Sizilien selbst in der späten Renaissance ein. Der Syrakusaner Claudio Arezzo, der Gelehrter im Gefolge Kaiser Karls V. war und bei Mercurino Gattinara und Andrea Navagero verkehrte, gehörte zu den ersten, die sich der Erforschung von Alt-Sizilien zuwandten (1537), und er hat die nachfolgende Forschung maßgeblich beeinflusst (z. B. Topographie von Syrakus). Sein Werk dient dieser Quellen-Studie gewissermaßen als Folie für Reflexionen zur Forschungsgeschichte, bei denen auch Problemfelder aufgedeckt und Irrtümer korrigiert werden.