Florian Wenninger Libri





Weltenwende?
Der politische Umbruch 1918/19 und die Frage nach dem Wesen der „Österreichischen Revolution“
Der Übergang von der monarchischen zur republikanischen Ordnung gestaltete sich in Österreich 1918/19 vorderhand relativ friedlich, evozierte aber langfristig wirksame Konfliktlinien, die der gesamten Ersten Republik ihren Stempel aufdrückten. Die Geschichtsschreibung verstand die „Österreichische Revolution“ (Otto Bauer) daher bislang vor allem als staatsrechtlichen Paradigmenwechsel. Die Beiträge in dieser Schwerpunktnummer erweitern die etablierte Sichtweise um eine Perspektive „von unten“. Sie gehen der Frage nach, wie Menschen abseits der politischen Eliten die Ereignisse erlebten und interpretierten. Wie versuchten ZeitgenossInnen, die zuvor nicht in Parteien oder politischen Organisationen aktiv gewesen waren, Einfluss auf die Vorgänge zu nehmen – und was waren ihre zugrundeliegenden Handlungsmotive? War die Transformation tatsächlich ein rein urbanes Phänomen und wie stellte sich die Situation abseits der Bundeshauptstadt Wien dar?
Verwirrung, Chaos und Misstrauen sind einfach zu stiften – ein Wissen, das sich die Amerikaner während des Zweiten Weltkriegs zunutze machten. Mit ihrem Leitfaden über Sabotage und psychologische Kriegsführung gaben sie dem Widerstand gegen das Naziregime eine Anleitung an die Hand, wie man ein System von innen zernagt – mit Mitteln, die auch heute noch funktionieren würden. Das US-amerikanische OSS, »Office of Strategic Service«, Vorgänger der CIA im Zweiten Weltkrieg, gab 1943 und 1944 zwei Texte heraus: Das »Morale Operations Field Manual« war für OSS-Offiziere gedacht und beschreibt akribisch, wie man einen Staat dekonstruiert. Das »Simple Sabotage Field Manual« informierte alle Sympathisanten darüber, wie sie mit relativ einfachen Mitteln den Widerstand gegen Hitler unterstützen konnten. Beide Bücher zeigen auf einzigartige Art und Weise, wie das OSS – bekannt durch prominente Unterstützer wie Marlene Dietrich oder Thomas Mann – mit gezielter Sabotage einen Gegenpol zur erfolgreichen Nazi-Propaganda schuf. Erstaunlich ist dabei, wie aktuell und auf alle Staatssysteme anwendbar die vorgeschlagenen Tipps sind.
Die Diktatur Dollfuß/Schuschnigg 1933-1938 ist bis heute eine der umstrittensten Phasen der österreichischen Geschichte. Dieser Band unternimmt den Versuch, eine Bilanz der bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu ziehen und Perspektiven künftiger Forschungsarbeit zu entwickeln. Behandelt werden neben politischen und sozialen Aspekten auch ökonomische, militärische und regionale Themen. Die AutorInnen fassen den Forschungsstand zusammen und benennen offene Fragestellungen sowie unbearbeitete Quellenbestände. Alle Beiträge wurden einem internationalen Begutachtungsverfahren unterzogen und bilden in ihrer Gesamtheit eine profunde Grundlage für künftige Forschungsarbeiten. Als Überblickswerk leistet der Band darüber hinaus einen Beitrag zur gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Ende der Ersten Republik in Österreich und der daran anschließenden Diktaturerfahrung.
Geschichte macht Herrschaft
- 302pagine
- 11 ore di lettura
Wie beeinflussen politische AkteurInnen die Reproduktion spezifischer Deutungsmuster und wie wirken einmal etablierte historische Paradigmen auf politische AkteurInnen zurück? 20 Jahre nach Waldheim bekennt sich Österreich zum Postulat „aus Geschichte lernen“. Scheinbar erfüllt wurde diese Forderung durch die Aufbereitung von Geschichte in entkontextualisierten, emotional aufgeladenen Events wie „25 peaces“ oder „Letters to the Stars“. Für die gegenwärtige Politik relevante Fragen wurden dabei weitestgehend ausgeklammert. Walter Manoschek, Emmerich Tálos, Anton Pelinka, Oliver Rathkolb und andere AutorInnen fragen, in welcher Wechselbeziehung Politik und Geschichtsschreibung zueinander stehen. Wie beeinflussen politische AkteurInnen die Reproduktion spezifischer Deutungsmuster und wie wirken einmal etablierte historische Paradigmen auf politische AkteurInnen zurück? Kurz: Wie wurden und werden historische Deutungshoheiten errungen und politisch eingesetzt?