Der Begriff Autofiktion hat sich in den letzten Jahren zu einem regelrechten wissenschaftlichen Modewort gemausert, obwohl genaugenommen völlig unklar ist, was mit Autofiktion gemeint ist. Meist wird der Begriff mit wiederum divergenten Formen des autobiographischen Schreibens kontextualisiert, sei es nun mit autobiographischen Romanen oder eher unkonventionellen Autobiographien. Die vorliegende Arbeit vollzieht insofern einen Paradigmenwechsel, als dass sie die Autofiktion nicht vorschnell als autobiographische Schreibweise kategorisiert, sondern als ein performatives Auftreten im öffentlichen Raum analysiert. Die zeitgenössischen Autorhelden, wie sie von Wolf Haas, Clemens Setz, Dietmar Dath, Tilman Rammstedt, Thomas Glavinic, Aleá Torik und anderen auf das literarische Feld geführt werden, fungieren nämlich in erster Linie als eine textuelle Inszenierungsstrategie, die auf eine möglichst markante Positionierung im Literaturbetrieb abzielt. Hierfür werden aber – erstaunlicherweise – mit Vorliebe bereits präformierte Diskurse aufgegriffen, die anlogen Mustern folgen und sich aus einem recht schmalen Arsenal von Stereotypen und Klischees bedienen.
Jörg Pottbeckers Libri


Stumme Sprache
Innerer Monolog und erzählerischer Diskurs in Knut Hamsuns frühen Romanen im Kontext von Dostojewski, Schnitzler und Joyce
- 310pagine
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Knut Hamsuns frühe Romane gehören zu den bedeutendsten Werken der beginnenden literarischen Moderne. Vor allem vom Standpunkt der Erzähltechnik betrachtet, wird Hamsuns innovativer Beitrag zur Neuorientierung des europäischen Romans der Jahrhundertwende deutlich: In der Verwendung des inneren Monologs, der Verzahnung unterschiedlicher Erzählperspektiven, der vielschichtigen Darstellung von Bewusstseinsinhalten. Allerdings wird Hamsuns Werk nur selten mit diesen erzähltechnischen Neuerungen in Verbindung gebracht, zumeist dominieren in diesem Kontext Autoren wie James Joyce, Virginia Wolf, oder – im deutschsprachigen Raum – Arthur Schnitzler. Ursachen hierfür: Zu selten wurden Hamsuns frühe Romane in einem komparatistischen Kontext untersucht, zu ausgeprägt scheinen nach wie vor gewisse Vorbehalte gegenüber der Person Hamsun zu sein. Erst im komparatistischen Kontext jedoch erscheint Hamsuns Frühwerk als Musterbeispiel einer innovativen Art der literarischen Bewusstseinsdarstellung durch den inneren Monolog, das weit mehr ist als eine Durchgangsstation auf dem Weg zu Joyce. Vieles darin ist nicht weniger als eine Vorwegnahme der Joyceschen Erzähltechniken.