Im Rechtsdiskurs wird seit dem Paradigmenwechsel von der Sittlichkeit zum Rechtsgüterschutz das Dogma der staatsfreien Privatsphäre propagiert, welche manchen gar als Inbegriff moderner Staatlichkeit gilt. Tatsächlich gibt es jedoch vielfältige rechtliche Regelungen konsensualer Sexualitäten, die sich auf Autonomie, Privatheit, Konfrontationsschutz, Bevölkerungspolitiken, Zuwanderung, Staatsdienst, Jugendschutz, Kommerzialisierung oder Moralvorstellungen beziehen. Die Autor*innen des Bandes fragen nach Notwendigkeit, Legitimation, Ausgestaltung und Grenzen von Regulierungen einverständlicher Sexualität als bedeutsamer sozialer Praxis der Bürger*innen, die an staatliche Interessen rührt, das gelingende Zusammenleben betrifft sowie in Konkurrenz zu und Interdependenz mit anderen, insbesondere geschlechtlichen, Normenordnungen steht.
Ulrike Lembke Libri



Gleichheit ist die unverzichtbare Basis für den Genuss der Menschenrechte aller – ohne sie können Menschenrechte keine auch nur annähernd universelle und damit letztlich gar keine Geltung beanspruchen. Trotzdem spielen die Gleichberechtigung der Geschlechter und das Verbot der Geschlechtsdiskriminierung als wesentliche Facetten von Gleichheit im deutschsprachigen Menschenrechtsdiskurs jenseits von „Frauenrechten“ kaum eine Rolle. Der Band erschließt erstmals systematisch das Feld der Intersektionen von Menschenrechts- und Geschlechterfragen. Grundlage sind aktuelle Konzeptionen von Geschlecht sowie von Gleichheit, Gleichberechtigung und (mehrdimensionaler) Diskriminierung, die sowohl im Hinblick auf die internationalen Menschenrechtsverträge als auch auf relevante menschenrechtliche Diskurse entfaltet werden. Referenzfelder sind neben CEDAW (Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women) und LGBTI*-Rechten (Lesbian, Gay, Bisexual, Trans* and Inter*) auch Kinderrechte, die Behindertenrechtskonvention, Religionsfreiheit, Flüchtlingsrechte, Gewaltschutz und strategische Klagen.
Einheit aus Erkenntnis?
Die Unzulässigkeit der verfassungskonformen Gesetzesauslegung als Methode der Normkompatibilisierung durch Interpretation.
- 388pagine
- 14 ore di lettura
Mit der zunehmenden Konstitutionalisierung der Rechtsordnung ist die verfassungskonforme Auslegung zur allgegenwärtigen und nahezu unbezweifelten juristischen Methode geworden. Dementsprechend findet eine kritische Reflexion der unter diesem Begriff firmierenden, durchaus schillernden Phänomene kaum noch statt. Dabei sind sie aus methodologischer wie kompetentieller Sicht alles andere als unproblematisch, wie eine auf den Annahmen der Reinen Rechtslehre basierende Untersuchung ihrer konkreten Funktionsweisen zeigt. Wenn gefragt wird, wie das Grundgesetz in den Auslegungsvorgang eingespeist werden kann, also wie die Verfassung eigentlich ins Gesetz kommt, ist die Antwort ernüchternd: sie kommt gar nicht dorthin. Die Phänomene verfassungskonformer Auslegung erweisen sich vielmehr als Rechtserzeugungsvorgänge, bei denen Gesetzesinhalte zum Zwecke der Geltungserhaltung geändert oder den Gesetzen widersprechende Einzelfallentscheidungen erlassen werden. Wird die Herstellung von Verfassungskonformität zutreffend nicht im Bereich der Auslegung, sondern der sog. Rechtsanwendung verortet, ist der Verfassungseinfluss aber auch dort durch strukturelle Freiräume wesentlich beschränkt.