Menschliche Katastrophen wie der Holocaust beschäftigen uns weiterhin. Zeitgenössische Kunst und Literatur wirken oft als Spiegel der Erinnerungskultur. Midori Takata untersucht die Rolle literarischer Werke bei der Erinnerung an den Holocaust, insbesondere das dokumentarische Stück „Die Ermittlung. Oratorium in 11 Gesängen“ von Peter Weiss. Dieses Stück, das den Auschwitz-Prozess behandelt, wurde seit seiner Uraufführung 1965 immer wieder aufgeführt und zeigt durch verschiedene Inszenierungen und deren Rezeption die Veränderungen im Diskurs über den Holocaust in der deutschen Gesellschaft. Besonders die Inszenierungen, in denen Täter und Opfer von denselben Schauspielern dargestellt wurden, gerieten in den 1980er Jahren in die Kritik, auch Weiss selbst. Es stellt sich die Frage, ob es Weiss’ Intention war, eine Austauschbarkeit von Täter und Opfer zu suggerieren. Die traditionelle Weiss-Forschung thematisiert diese Problematik meist im Kontext seiner politischen Aussagen. Takata geht darüber hinaus und nutzt ein originales Tagebuch, um einen direkten Bezug zu Weiss’ privaten Gedanken über die Austauschbarkeit sowie seine eigene Herkunft und Identität herzustellen.
Midori Takata Libri
