Als sich Leo Winterfeld kurz vor dem ersten Advent auf den Weg zu seinem Freund Hannes macht, ahnt er noch nicht, welches aufregende Abenteuer an diesem Nachmittag dort seinen Anfang nehmen wird. Hannes, ein kauziger Trödelhändler, der allein mit seinem Hund in einem alten Bauernhaus lebt, hat aus einer aufgelösten Uhrmacherwerkstatt ein uraltes verstaubtes Metallschränkchen mitgebracht, das sofort das Interesse des gewitzten Elfjährigen weckt. Die Vorderseite ist überaus kunstvoll verziert, das Schränkchen hat 24 nummerierte Klappen, die wie Bücher gestaltet sind und von denen die ersten vier offen stehen. Eigenartigerweise befinden sich hinter den Klappen keine Fächer, die Türen scheinen überhaupt nichts zu verschließen, obwohl der Schrank schwer wie ein Banktresor ist. Auch entdecken die beiden auf der letzten Klappe eine seltsame Inschrift, die auf ein verlorenes Audikular hinweißt. Niemand jedoch weiß, was ein Audikular ist und es bleibt vorerst auch ein Rätsel, was sich hinter den verbliebenen zwanzig Türchen verbirgt. Leo lässt nicht locker. Er will unbedingt dem Geheimnis des Schränkchens auf die Spur kommen, denn er hat längst verstanden, dass dieses Schränkchen wie ein Adventskalender aufgebaut ist. Sein Vater bringt ihn auf die Idee, eventuell in einer nahe gelegenen Klosterbibliothek etwas über dieses Audikular zu erfahren. Und er hat Glück: Der ehrwürdige Pater Jakob ist ein exzellenter Kenner vieler alter Werke und findet tatsächlich Hinweise aus dem 18. Jahrhundert auf das Audikular, in denen es als wundersame Apparatur erwähnt wird, die das Hören als vollkommenen Genuss möglich macht. Der Pater setzt sie auf die richtige Spur und bald finden sie in einem Uhrenmuseum Pläne zu dem Schränkchen, die es als den berühmten Holzhauser Adventskalender aus der Mitte des 19. Jahrhunderts beschreiben, der seit Langem als verschollen gilt. Der Erbauer des Kalenders, ein bekannter Uhrenmacher seiner Zeit, hat einen komplizierten Mechanismus ersonnen, der das Öffnen der Türchen von Zahlenrätseln abhängig macht, die in Geschichten stecken, deren Titel jeweils auf der Innenseite des vorherigen Türchens zu finden sind. Aber der alte Uhrenmachermeister hat damals bewusst hohe Hürden für das Öffnen eines Türchens eingebaut, sodass es sehr schwierig ist, bis zum Geheimnis des Audikulars hinter dem letzten Türchen vorzudringen. Jetzt sind die Spielregeln klar, und mit der Hilfe alter und neuer Freunde gelingt es Leo tatsächlich, eine dieser uralten Geschichten nach der anderen aufzutreiben und zu entschlüsseln. Aber die aufwendige Suche des Jungen nach den Geschichten bleibt nicht unbemerkt. Plötzlich tauchen seltsame Leute auf, die Erkundigungen einziehen und Leo beobachten. Was führen sie im Schilde und warum? Als sie einen Versuch unternehmen, Hannes’ Hund zu vergiften und heimlich eine Abhörlage neben dem Holzhauser Adventskalender im alten Bauernhof anzubringen, ist den Freunden endgültig klar, dass sie sich gegen diese unheimlichen Fremden zur Wehr setzen müssen. Nun beginnt ein aufregender Wettlauf gegen gleich zwei Gegner: Zum einen müssen die Freunde versuchen, den Angreifern immer eine Nasenlänge voraus zu sein, zum anderen müssen sie Tag für Tag die neue Geschichte finden und enträtseln, damit das strenge Uhrwerk des Kalenders die weiteren Eingaben nicht für ein ganzes Jahr sperrt. Zum Glück enthalten die alten Geschichten nicht nur die Lösungen für das nächste Türchen, sondern helfen auch mit unerwarteten Hinweisen bei der Jagd auf die Ganoven.
Bernd Rade Libri





Wir schreiben das Jahr 1976: Jens Neubauer, ein erfolgreicher Unternehmer in den besten Jahren, fordert aus Eitelkeit das Schicksal heraus – und verliert. Unbekannte Kräfte schleudern ihn durch die Zeit und spucken ihn vierzig Jahre später andernorts wieder aus. Ungläubig und fassungslos muss er hinnehmen, dass die Welt um ihn herum eine völlig andere ist, die ihn nicht einordnen kann und aus dieser Ungewissheit heraus mit einem ungelösten Verbrechen in Verbindung bringt. Entwurzelt und mittellos muss Jens fliehen und landet schließlich als Obdachloser auf den Straßen seiner Heimatstadt. Aber auch hier ist er ein gänzlich Unbekannter, Verbindungen und Zusammenhänge existieren nicht mehr, sein vormals herausragendes Wissen ist hoffnungslos veraltet, seine Erfahrungen wertlos. Ganz unten angekommen macht er schließlich seinen Sohn ausfindig, einen mittlerweile älteren Mann am Rande der Gesellschaft, der im Kopf des Vaters eben noch als pubertierender Sonderling existiert hatte. In unbarmherziger Deutlichkeit wird Jens bewusst, dass er auch als Vater versagt hat, und trotz seiner hilflosen Lage ringt er um eine Chance, im Stillen seine Versäumnisse wieder gutmachen zu können. Im Obdachlosenmilieu begegnet ihm der jugendliche Herumtreiber Wanja, ein gerissener Draufgänger, der das Leben auf der Straße beherrscht. Der vaterlos aufgewachsene junge Mann und der tief verunsicherte Vater schliddern in eine symbiotische Schicksalsgemeinschaft, stützen sich gegenseitig im täglichen Daseinskampf, bis Wanja durch Leichtsinn in eine brandgefährliche Lage gerät. Eine Geschichte über verpasste Gelegenheiten, über tiefe Gräben, hohe Hürden und neue Blickwinkel.
Berlin nach der Jahrtausendwende. Eine moderne Politikergeneration glaubt unbeirrt an die Selbstheilung der Märkte und hat konsequenterweise auch die Polizei privatisiert, die nun ebenfalls um Kundschaft bemüht sein muss. Winfried Böllmeyer, genannt Böll, und sein Kompagnon Holger betreiben seit Jahren einen kleinen Kiosk in Schöneberg. Obwohl beide alleinstehenden Männer lange in der zweiten Lebenshälfte angekommen sind, hat sie der Ernst des Lebens nie erreicht, haben sie einfach die unverbindliche Leichtigkeit eines Studentendaseins beibehalten, bis die Ereignisse eines einzelnen Tages Böll in eine Torschlusspanik versetzen: Unbedingt muss er seinem Leben eine Wende geben, muss auf den letzten Metern eine irre Aufholjagd versuchen. Mit gefälschten Zeugnissen bewirbt er sich auf eine Stellenanzeige und wird angenommen. Aufgrund seiner Belesenheit kann er den hohen Anforderungen des Institutes entsprechen, lebt sich gut ein, bis eines Tages in seinem Postkasten eine Briefbombe explodiert. Die neue Polizei nimmt die Ermittlungen auf, es finden sich jedoch keine Anhaltspunkte. Böll ahnt, dass er beobachtet wird, eine namenlose Bedrohung wächst von Tag zu Tag, bis sein Teilhaber Holger Opfer eines grausamen Attentates wird. Böll weiß, dass er gemeint war, die ermittelnde Polizei spielt eine zwielichtige Rolle, und so flieht er in den Untergrund. Wer trachtet ihm nach dem Leben und vor allem warum? Nun steht er nahezu alleine da, die einzigen Menschen, denen er noch trauen kann, sind seine esoterische Nachbarin Anke und der alte Säufer Kirke vom Hinterhof, der aber die Unterwelt kennt. In seiner Bedrängnis sieht Böll nur einen Ausweg: er braucht mehr Informationen über seine Widersacher. Seine Leidenschaft für Computertechnik versetzt ihn in die Lage, sich unter Hochdruck Hacker-Knowhow anzueignen, um in fremden Datennetzen die fehlenden Puzzleteilchen zu besorgen. Das gelingt im ersten Schritt, ein Verdacht erhärtet sich, aber die andere Seite gibt nicht auf. Böll wird durch die ganze Republik gejagt und wächst so durch zuvor nie gekannte Anforderungen tatsächlich in ein unerwartet neues Leben hinein. Eine Geschichte über Lebenslügen, ein Spiel mit dem Feuer, über Umbruch und Annahme.
Luc Weinbrand ist Mitte dreißig, als das Leben ihm unverhofft den Boden unter den Füßen wegzieht. Bisher war doch immer alles nach Plan verlaufen, nach und nach hatte er alle Eckpfeiler eines ordentlichen bürgerlichen Lebensentwurfs gesetzt. Aber als seine große Liebe ihn verlässt, wird er aus heiterem Himmel in eine existentielle Krise gestoßen, seine Welt zerbröckelt ihm unter den Händen und er findet sich plötzlich als alleinstehender Mann in einer fremden Wohnung wieder. Wie konnte das geschehen? Welches unbarmherzige Schicksal hat gerade ihn für seine abgründigen Schulbeispiele ausgesucht? Es trifft ihn zudem wie bittere Ironie, dass er trotz seiner miserablen seelischen Verfassung ständig als Chauffeur einer Hochzeitslimousine mit dem überschäumenden Glück frisch vermählter Paare konfrontiert wird. So durchlebt er eine intensive Zeit zwischen tiefer Verzweiflung und selbstgemachter Hoffnung, zwischen Irrweg und innerem Fortschritt. Sein Glück hat ihn jedoch nur scheinbar verlassen, es arbeitet im Stillen und stellt ihm Frau Rose als Nachbarin in seiner neuen Umgebung zur Seite. Mit ihrer Hilfe lernt er langsam verstehen, weswegen sein Leben so verlaufen ist, und dass die Geheimnisse tragfähiger menschlicher Beziehungen nicht an der Oberfläche des Lebens zu suchen sind.