Heide Schlüpmann Libri






Studium der Philosophie bei Hans-Georg Gadamer, Ernst Bloch und Theodor W. Adorno. 1970 Wechsel zum Kino. 1975 Promotion über Friedrich Nietzsches ästhetische Oppostion. Seit 1979 in der Redaktion der Zeitschrift Frauen und Film. In den 80er Jahren Mitglied der Komission des Internationalen Kurzfilmfestivals Oberhausen. 2000 Mitbegründerin der Kinothek Asta Nielsen e. V. Lehrt seit 1991 Filmwissenschaft als Kinowissenschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main.
Siegfried Kracauers Theorie des Films wird als Schlüssel betrachtet, um das Bewusstsein für das Verhältnis zwischen Mensch und physischer Welt wiederherzustellen, insbesondere im Kontext der historischen Erfahrungen der Konzentrationslager. Die Autorin positioniert Kracauer als wichtigen Denker der Kritischen Theorie, der die Möglichkeiten des Kinos nutzt, um gesellschaftliche und historische "lost causes" zu reflektieren. Dabei verfolgt er einen Ansatz, der sich nicht auf distanzierte Positionen stützt, sondern das Alltägliche und die Herausforderungen der Moderne direkt anspricht.
1970 provozierte Karsten Witte mit der Forderung nach einer Theorie des Kinos im Unterschied zu der des Films, die es ja gab. Witte war damals Herausgeber der Schriften Siegfried Kracauers, Kritiker und Literaturwissenschaftler, der erste Filmseminare in Frankfurt am Main hielt. Die Provokation implizierte ein Moment der Praxis: Unterstützung für die Kinobewegung, die in dieser Zeit politisch und cineastisch motiviert um Erhalt und Erneuerung des Kinos kämpfte. 'Was geschah danach in Kritik und Wissenschaft?' ? dies ist eine erste Frage, die sich das Buch stellt, um zu rekapitulieren, wie und wo Kino in den siebziger und achtziger Jahren ins Zentrum der Aufmerksamkeit gelangte, bevor 'die neuen Medien' den Film adaptierten. Am Ende wurde das Interesse ein historisches, das sich bis heute hält und die Theorie zur 'Koalition' auffordert. 0Heute hat das digitale Medium, das 'Bewegtbild', Einzug in die Kinos gehalten und nivelliert damit augenscheinlich dessen Bedeutung für den Film. Erübrigt es sich? Dieses Buch nimmt das Desiderat einer Theorie des Kinos wieder auf [nicht ohne praktische Absicht] und konzentriert sich auf den Raum in seiner geschichtlichen Wirklichkeit und Wirkung. Der Kinoraum rückt in die Perspektive des historischen Transformationsprozesses der Räume des Privaten und Öffentlichen. Auch das ist eine Wiederaufnahme von Diskussionen der 1970er Jahre. Damals jedoch ging es um Kino im Zusammenhang mit dem 'Verfall' der bürgerlichen Öffentlichkeit: Kino als massenkulturelle, als proletarische Öffentlichkeit, als Gegenöffentlichkeit. Im Unterschied zu dieser Diskussion ist das Hauptinteresse des Buchs, das Kino als Teil der Geschichte des Privatraums zu sehen. Als eine Gegenbewegung gegen Mangel, Verlust, Zerstörung und Entleerung eines Raums, der nicht nur die öffentliche Freiheit trug, sondern immer auch im Zusammen mit dem außergesellschaftlichen Leben, Naturprozessen und der 'Umwelt' stand
Studium der Philosophie bei Hans-Georg Gadamer, Ernst Bloch und Theodor W. Adorno. 1970 Wechsel zum Kino. 1975 Promotion über Friedrich Nietzsches ästhetische Oppostion. Seit 1979 in der Redaktion der Zeitschrift Frauen und Film. In den 80er Jahren Mitglied der Komission des Internationalen Kurzfilmfestivals Oberhausen. 2000 Mitbegründerin der Kinothek Asta Nielsen e. V. Lehrt seit 1991 Filmwissenschaft als Kinowissenschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main.
In den 1970er Jahren entstand die feministische psychoanalytische Filmkritik, die als Innovation in der Filmwissenschaft galt und an Universitäten Einzug hielt. Diese Bewegung nutzte Psychoanalyse und Film, um sich als Subjekt in Wissenschaft und Theorie zu positionieren, bevor sie in Genderstudies und Frauenforschung integriert wurde. Das Buch untersucht die Vorgeschichte dieser Entwicklung und beleuchtet das Selbstbewusstsein der Alten Frauenbewegung, die ihre Vermögen und Ziele im Begriff der Seele artikulierte, jedoch in den 1910er und 20er Jahren nicht in die intellektuelle Öffentlichkeit trat. Ein Grund dafür könnte sein, dass sie den Begriff der Seele im Film nicht reflektierte, während viele Frauen ohne emanzipatorischen Begriff ins Kino gingen. Diese Kinogängerinnen zeigten ein psychisches Vermögen und eine Zielstrebigkeit, um ein neues Bewusstsein zu manifestieren. Die Frage bleibt, wie eine solche Reflexion ausgesehen hätte: Eine 'Seelentheorie des Films', in der die Frauenbewegung als Mitgestalterin der modernen Massenkultur auftritt? Autorinnen wie Helene Stöcker und Margarete Susman, die Freuds Schriften kannten, orientierten sich eher an Nietzsche und der Mystik. Aus heutiger Sicht, nach der feministischen Auseinandersetzung mit dem Film, wird Arthur Schopenhauers Werk als philosophische Grundlage für eine 'Seelentheorie des Films' relevant.
Ungeheure Einbildungskraft
- 293pagine
- 11 ore di lettura
Die Diskussion über 'Medienkultur' hat sich etabliert, doch dieses Buch hinterfragt den veralteten Begriff und betrachtet das Kino als ein Phänomen der modernen 'Massenkultur'. Filmfreunde beklagen oft, dass das Massenpublikum an ästhetischem Sinn und dem Wunsch nach Erkenntnis fehlt, und dass es mit den primitivsten Mitteln betrogen werden will. Dabei wird übersehen, dass das Massenpublikum in den 20er Jahren von Filmkritikern als moralisch sensibel erkannt wurde. Während das Theater als 'moralische Anstalt' betrachtet wurde, ist das Kino nie so wahrgenommen worden, und die Versuche, es als solche zu etablieren, scheiterten glücklicherweise. Das Buch fordert dazu auf, eine andere Moral zu betrachten, die nicht auf bürgerlichen Werten basiert, sondern sich mit einem 'arbeitslosen' Leben beschäftigt, das mehr mit dem Ästhetischen als mit dem Ethischen verbunden ist. Die klassische Ethik Kants wird als Gründungsmythos der bürgerlichen Gesellschaft gelesen, die bereits durch die moderne Massengesellschaft entzaubert wurde. Die Ethik bleibt jedoch als Projektionsmechanismus bestehen. Der Umgang mit dieser Projektion, nicht deren Reproduktion, ist das zentrale moralische Problem der Moderne. Das Kino fördert diesen Umgang und fordert die Einbildungskraft heraus. Der Text plädiert für die Einbildungskraft und sieht Philosophie als geschlossene Gesellschaft des Traums, während die Masse im Kino, erfüllt von ausgeschlossenen Einbildun
Die Diskussion über 'Medienkultur' hat sich etabliert, doch dieses Buch hinterfragt den überholten Begriff und betrachtet das Kino als Phänomen der modernen 'Massenkultur'. Filmfreunde kritisieren oft, dass dem Massenpublikum der ästhetische Sinn und der Wunsch nach Erkenntnis fehlen, und es stattdessen mit geschmacklosen, 'primitiven' Mitteln betrogen werden will. Dabei wird übersehen, dass bereits in den 20er Jahren Filmkritiker entdeckten, dass das Massenpublikum ein Gespür für die moralische Bedeutung des Kinos hat. Während das Theater als 'moralische Anstalt' galt, wurde das Kino nie so betrachtet. Der Fokus auf eine unbekannte Moral könnte jedoch zu einem besseren Verständnis des Kinos als 'Massenkultur' führen. Es wird nach einer anderen Moral als der klassisch bürgerlichen gefragt, die mit dem Ästhetischen und einer Erkenntnis verbunden ist, die nicht aus eigenem Interesse, sondern aus dem Anderen entsteht. Kants klassische Ethik wird als Gründungsmythos der bürgerlichen Gesellschaft gelesen, die bereits durch die moderne Massengesellschaft entzaubert wurde. Die Ethik bleibt jedoch als Projektionsmechanismus bestehen. Der Umgang mit dieser Projektion, nicht deren Reproduktion, ist das moralische Problem der Moderne, das im Kino gepflegt wird und die Einbildungskraft herausfordert. Philosophie wird als geschlossene Gesellschaft des Traums dargestellt, während die Masse im Kino, erfüllt von ausgeschlossenen Einbildungskr