Roedl traces how the Fregean influence on analytic philosophy led to an unholy
alliance of an empiricist conception of sensibility with an inferentialist
conception of thought. He turns to Kant and Aristotle to untangle the relation
of judgment and truth to time, and shows that investigating categories of the
temporal can contribute to logic.
Der Gegenstand dieses Buchs ist Selbstbewußtsein, das heißt: das Wissen von sich als von sich. Sebastian Rödls zentrale These lautet, daß dieses Wissen nicht empirischer Natur ist und nicht auf sinnlicher Affektion beruht. Vielmehr ist es ein Wissen durch Spontaneität, dessen Gegenstand und Quelle die Tätigkeit des Subjekts sind, insbesondere sein praktisches wie theoretisches Denken, sein Urteilen wie Handeln. Die Kapitel dieses Buches behandeln Überzeugung, Handeln, Vernunft und Freiheit, rezeptive Erkenntnis und die zweite Person. Jedes dieser Themen verdiente ein eigenes Buch. Und doch wären all diese Bücher solche über Selbstbewußtsein, denn Selbstbewußtsein ist das allen diesen Themen zugrundeliegende Prinzip. Diese fundamentale Einsicht erzwingt eine Neuorientierung in der Handlungstheorie, der Philosophie des Geistes und der Erkenntnistheorie, mit der das vorliegende Buch einen Anfang macht.
Die analytische Philosophie hat selbst da, wo sie explizit an Kant anschließt, erhebliche Schwierigkeiten mit dessen Idee eines synthetischen Wissens a priori. Damit verliert sie eine ganze Dimension der philosophischen Tradition. Das vorliegende Buch gewinnt diese Idee zurück, indem es gerade den Anschauungsbezug und damit den Zeitbezug des menschlichen Denkens zum Gegenstand einer logischen Untersuchung macht. Nur wenn man die Zeit als inneres und formbildendes Merkmal des menschlichen Aussagens erkennt, versteht man den Begriff empirischer Wahrheit und sinnlich vermittelter Erkenntnis. In diesem Gedanken, so zeigt sich, liegt die Einheit einer philosophischen Tradition, die Aristoteles mit Kant und beide mit dem späten Wittgenstein verbindet.
Die neuzeitliche Philosophie beginnt mit der Einsicht Descartes', daß sich die Aussagen, in denen man sich selbst Gedanken, Absichten, Meinungen zuschreibt, fundamental von denen unterscheiden, in denen man die Welt der körperlichen Dinge beschreibt. Descartes, und mit ihm eine bis heute mächtige Tradition, schließt daraus, daß sich diese Ich-Aussagen auf eine eigene Welt geistiger Dinge beziehen. Der von den Kognitions- und Neurowissenschaften inspirierte philosophische Naturalismus hat dagegen in jüngster Zeit eine Reihe von Arbeiten hervorgebracht, die dem Selbstbezug unseres geistigen Lebens einen Ort in der einheitlichen Welt natürlicher Phänomene zuweisen. Das vorliegende Buch zeigt, warum die cartesische wie die naturalistische Deutung des bewußten Selbstbezugs gleichermaßen verfehlt sind.
Gegen die verbreitete Idee, dass Erkenntnis, wenn sie objektiv sein will, die erste Person transzendieren muss, erklärt Sebastian Rödl in seinem neuen Buch, dass Erkenntnis nur durch ihren erstpersonalen Charakter Objektivität besitzt. Er bietet auf diesem Weg eine überraschende Einführung in den Absoluten Idealismus und unterminiert zugleich eine Reihe fraglos geltender Vorstellungen. Dazu gehört etwa die, Urteilen sei eine propositionale Einstellung und Schließen ein geistiger Vorgang, oder auch die, es gebe eine empirische Wissenschaft des Vermögens objektiver Erkenntnis. Rödl zeigt, dass sie alle der irrigen Idee entspringen, die Objektivität der Erkenntnis sei ihrem erstpersonalen Charakter entgegengesetzt.