Andreas Blauert Libri






Die Forschung in Justizarchiven hat unser Verständnis von Herrschaft, Gesellschaft und Kultur im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit erweitert. Der Band bietet internationale Forschungsergebnisse zur Kriminalitätsforschung und behandelt methodische sowie theoretische Ansätze, einschließlich geschlechterhistorischer Perspektiven und der Erinnerungskultur.
Die Veröffentlichung widmet sich einer im 18. Jahrhundert weit verbreiteten, heute jedoch wenig bekannten Quellengruppe: den Gauner- und Diebslisten. Diese gedruckten Registrierungs- und Identifizierungshilfen dienten der behördlichen Kontrolle mobiler Randgruppen und des Vagantentums. Auf den ersten Blick scheinen sie eine Erweiterung des Steckbriefs zu sein, doch ihr Zweck geht über die Fahndung nach „Verbrechern“ hinaus. Die Listen sind ein typisches Instrument frühneuzeitlicher Policey und stehen im Kontext zahlreicher Listen und Formulare, mit denen die Obrigkeiten Informationen für Normsetzungen sammelten und deren Durchsetzung sicherstellen wollten. Teil 1 erarbeitet die Grundlagen der Personenerfassung, -identifizierung und -fahndung vor dem 19. Jahrhundert, fasst die Ergebnisse zur Geschichte der Gauner- und Diebslisten des 18. Jahrhunderts zusammen und zeigt Perspektiven für die weitere Arbeit mit dem Material auf. Teil 2 präsentiert das gesammelte Quellencorpus in einem Repertorium, das sämtliche Listen einheitlich beschreibt und die bekannten Standorte nachweist. Teil 3 enthält ein Faksimile der Liste des weithin bekannten württembergischen Amtmanns und „Gaunerjägers“ Georg Jacob Schäffer aus seiner Lebenszeit.
Hrsg. u. Beitr. von Blauert, Andreas ; Schwerhoff, Gerd Mit Beitr. u. a. von Dinges, Martin ; Lambrecht, Karen ; Roper, Lyndal 1 Abb. 251 S.
Das Urfehdewesen im deutschen Südwesten
Im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit
Urfehde, der Eid, mit dem zwischen dem 14. und 18. Jahrhundert Entlassene aus Haft beschworen wurden, sich nicht zu rächen, wird in dieser Studie umfassend untersucht. Trotz der Vielzahl an überlieferten Quellen blieb dieses Thema bisher weitgehend unerforscht. Die Analyse beleuchtet verfassungs- und rechtsgeschichtliche Aspekte und verknüpft diese mit der Entstehung des öffentlichen Strafrechts. Es zeigt sich, dass die Geschichte des Urfehdewesens eng mit der Entwicklung eines staatlichen Strafanspruchs verbunden ist, wobei die Veränderungen im Urfehdewesen die Entstehung des öffentlichen Strafrechts widerspiegeln. Die Untersuchung steht im Kontext der historischen Kriminalitätsforschung und beleuchtet die langfristigen Veränderungen in den Formen abweichenden Verhaltens und deren Verfolgung in der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Gesellschaft. Es werden verschiedene Formen abweichenden Verhaltens identifiziert, die zwischen dem 14. und 18. Jahrhundert durch Urfehden sanktioniert wurden, darunter Gewaltdelikte, Vergehen gegen die Obrigkeit, sowie später Sittlichkeits- und Eigentumsdelikte. Diese Veränderungen im Rechtsinstitut der Urfehde reflektieren auch die sich wandelnden gesellschaftlichen Bedürfnisse hinsichtlich der Verfolgung abweichenden Verhaltens. Die Studie bietet somit Einblicke in zentrale Entwicklungen auf dem Weg zur modernen Gesellschaft.
Die im vorliegenden Band versammelten Arbeiten französischer, italienischer, deutscher, holländischer und dänischer Forscher sind dieser frü hen Phase der europäischen Hexen Verfolgungen gewidmet: Sie vermitteln ein überaus plastisches Bild der Genese des spätmittelalterlich-frühneu-zeitlichen Hexenglaubens, und sie beleuchten die Etappen und Stationen seiner Verbreitung. Sie charakterisieren die ersten Theoretiker des jungen Hexen"wahns" und beschreiben die Opfer der ersten Prozesse. Und sie setzen sich kritisch mit dem aktuellen Interesse an Hexerei, Hexenwesen und Hexenverfolgung auseinander.
Diese Pionierstudie unterzieht die Anfänge der Hexenverfolgungen im 15. Jahrhundert in Form einer Regionalstudie einer kritischen, neue quellenerschließenden Neubetrachtung. Der Kern der Untersuchungsregion liegt im Dreieck der Schweizer Städte Luzern, Lausanne und Neuchâtel, die in einen weiten europäischen Kontext gestellt werden. Andreas Blauert beleuchtet dafür unter anderem die mit dem frühen Hexenglauben verwandten Konzepte, die ersten Hexenprozesse um 1430/40 oder die Mittlerfunktion des Basler Konzils 1431–1449 bei der Formulierung und Weitervermittlung des jungen Hexenglaubens. Die Abfassung des berühmt-berüchtigten Hexenhammers des Heinrich Institoris wird von ihm in den Zusammenhang einer ersten größeren Hexenprozesswelle der Jahre 1477–1486 gestellt. Mit der Zusammenführung traditioneller mediävistischer und neuerer sozialgeschichtlicher Forschungsansätze gelingen dem Autor so bahnbrechende, modellhafte Einsichten in die Entstehungsgeschichte des Hexenbegriffs und in die Geschichte der frühen Hexenprozesse in Europa.

