Dieter Jaufmann Libri






Seit über zehn Jahren werden in Deutschland intensive Debatten über die Einstellungen der Bevölkerung zu Technik und technischem Fortschritt geführt. Insbesondere den jüngeren Generationen wird eine negative Entwicklung unterstellt. Im internationalen Vergleich wird behauptet, dass die deutsche Bevölkerung hier eine negative Spitzenrolle einnimmt, wobei die Ursachen in einem Wertewandel gesehen werden. Die unterschiedlichen Ansätze zum Wertewandel von Inglehart, Klages und Strümpel werden untersucht. Basierend auf Umfrageergebnissen verschiedener Institute erfolgt eine umfassende, international vergleichende Sekundäranalyse. Neben den allgemeinen Technikeinstellungen werden auch Kernenergie sowie Haushalts-, Konsum- und neue Technologien betrachtet. Die Längsschnittanalyse zeigt keine besonderen Hinweise auf eine negative Sonderrolle der Deutschen im internationalen Vergleich. Mit Ausnahme der Einstellungen zur friedlichen Nutzung von Kernenergie sind die Jüngeren durchweg positiver und interessierter als die älteren Generationen. In modernen Gesellschaften ist eine Werte- und Einstellungspluralität zu beobachten, die in allen Altersgruppen vorhanden ist.
Sind die Deutschen technikfeindlich?
Erkenntnis oder Vorurteil
Die Einstellungen der jüngeren Generationen zum technischen Fortschritt sind entscheidend für Entwicklungen in unserer technikgeprägten Gesellschaft. Veränderungen dieser Einstellungen werden deshalb mit großem Interesse beobachtet und diskutiert. Besonders im Kontext der friedlichen Nutzung der Kernenergie hat sich die öffentliche Meinung in Deutschland seit etwa 15 Jahren mit den Erwartungen der jungen Generationen hinsichtlich technischer Entwicklungen und deren Folgen beschäftigt. Je nach Perspektive wurden daraus entweder hoffnungsvolle oder pessimistische Rückschlüsse auf die Bereitschaft gezogen, Technik verantwortungsvoll zu gestalten. Die Diskussion wurde oft durch den Mangel an aussagekräftigen, sozialwissenschaftlich tragfähigen Umfrageergebnissen erschwert, da relevante Daten häufig nur vereinzelt oder aus unterschiedlichen Kontexten präsentiert wurden. Vergleichbare Daten über längere Zeiträume waren selten verfügbar, und internationale Vergleiche mussten erst erprobt werden. Daher war es eine bedeutende Anregung, dass die Studie des Jugendwerks der deutschen Shell-AG 1985 nicht nur neue Umfrageergebnisse von Psydata/Frankfurt präsentierte, sondern auch vergleichendes Material bis zur ersten Umfrage im Jahr 1953 von EMNID/Bielefeld einbezog.