Der Lehrer Knoflacher und die nächste Generation
- 194pagine
- 7 ore di lettura






Das Auto ist eigentlich kein Fahr-, sondern eine Stehzeug. Entweder steht es auf einem Parkplatz oder im Stau. Und der Stau ist wiederum eine Folge der falschen Parkraumorganisation. Man spricht von Freiheit durch das Auto und übersieht dabei, daß man bereits in die „Autofalle“ getappt ist. Solange das Auto nicht zumindest genauso weit weg von allen Aktivitäten des Menschen ist wie die Haltestelle eines attraktiven, regelmäßig verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittels, gibt es aus dieser Falle kein Entkommen. Nur durch eine andere Struktur, in der die Siedlungen nicht von Autos besetzt und kontrolliert werden, sondern erst wenn wieder Menschen das technische Verkehrssystem beherrschen, kann die Voraussetzung für die menschliche Weiterentwicklung geschaffen werden.
Am Anfang stand das Auto für freie Fahrt, für Mobilität und für Freiheit. Doch was ist aus diesen Träumen geworden? Heute hat das Auto massiv in unsere Lebenswelten eingegriffen, sowohl Natur und Gesellschaft als auch das Individuum sind vom Virus Auto befallen: Landschaften wurden zerstört, Städte für Autos angelegt, und sobald ein Mensch ins Auto steigt, verändert sich sein Wesen. Hermann Knoflacher ist Professor für Verkehrsplanung an der TU Wien und seit Jahrzehnten bekennender Autokritiker. Er liefert eine schonungslose und provozierende Abrechnung mit dem faszinierenden Wunder Auto.
Aus evolutionärer Sicht sind Städte ein Experiment, ob es der Spezies des Homo Sapiens gelingt, nachhaltig in hoher Dichte miteinander zu leben, ohne seine Lebensgrundlagen zu zerstören. Ein Experiment mit fraglichem Ausgang. Mit der Beschleunigung durch die Nutzung fossiler Energie für Maschinen entstand ein neuer, nicht mehr an den Menschen angepasster Rhythmus des Lebens, der das Denken und damit die Städte zunehmend veränderte. Nicht in der physischen, sondern der geistigen Mobilität liegt die Zukunft auch der Städte. Die Lösung der Probleme liegt daher im Kopf. Eine Anregung zum Nach- und Überdenken.
Lebensraum für Mensch und Natur in Stadt und Land
Das Buch des österreichischen Verkehrsexperten Hermann Knoflacher analysiert die Fehlentwicklungen einer von der Automobilität dominierten Gesellschaft und zeigt, wie die autogerechte Planung soziale, urbane und ländliche Strukturen zerstört hat. Trotz erheblicher Umweltschäden und hohen Unfallzahlen wachsen die Autobahnlandschaften und die Belastungen durch Abgase und Lärm. Dies wirft die Frage auf, warum sich das Verhalten der Menschen nicht ändert. Knoflacher bietet praxiserprobte Antworten und Wege aus dieser Misere. Mit über 50 Jahren Erfahrung in Stadt- und Verkehrsplanung präsentiert er die aktualisierte Neuausgabe seines Buchs von 2009. Seit dem Aufstieg des Automobils als persönliches Beförderungsmittel hat sich unsere Welt grundlegend verändert. Städte und Dörfer wurden dem Auto untergeordnet, wobei Stadt- und Landschaftsplanung oft auch Verkehrsplanung bedeutet. Diese hat jedoch versagt und dem Auto einen Status als Eroberer eingeräumt. Die jährliche Zahl der Verkehrsunfälle sollte, wie bei einer Seuche, Panik auslösen. Zudem hat das Auto erhebliche Umweltschäden und die Zerstörung lokaler Strukturen und sozialer Begegnungsstätten verursacht. Knoflachers Vorschläge für eine umweltschonende und menschenwürdige Verkehrspolitik sind gesellschaftlich, ethisch und verkehrspolitisch relevant.
Fetischisten des Autoverkehrs, seien es Ingenieure oder Beamte des Ministeriums, begründen den unentwegten Ausbau des Straßennetzes gern mit dem Hinweis, dass es erst zwei bis vier Prozent der Landesfläche Österreichs ausmache. Doch man stelle sich einmal vor, mit dem Körper eines Menschen würde so verfahren. Die Hautoberfläche eines Erwachsenen beträgt rund 20.000 Quadratzentimeter, vier Prozentsind 800. Würden Bahnen von nur einem Millimeter Breite in seinen Körper geschnitten, so würde er durch ein Netz von 80 Metern Länge stranguliert. Dieser „einschneidende“ Vergleich ist typisch für Hermann Knoflacher, Österreichs bekanntesten Autokritiker und Verkehrsplanungsexperten. Seine Analysen unseres täglichen Umwelt-Irrsinns sollen weh tun, sollen wortwörtlich unter die Haut gehen. Damit sie bei Bürgern und Entscheidungsträgern Empathie, mitfühlendes Denken für den ökologischen Kreislauf wecken. Was bei Knoflacher Umwelt heißt, geht allerdings weit über grüne Umweltpolitik hinaus. Ziel ist eine solidarische, menschen- und naturgerechte Ordnung, national, europaweit, global. „Plädoyer für das andere Leben“ versammelt die besten Knoflacher-Kolumnen, die in „Die ganze Woche“ erschienen sind.
Schluss mit der Vorfahrt- Mehr Mobilität durch weniger Autos: Das Auto hat Vorfahrt in unserer Gesellschaft- dennoch droht allerorts der Verkehrsinfarkt. Denn die vorherrschende Meinung, dass der Ausbau der Straßennetze zu mehr Mobilität führt, ist falsch. Verkehrsexperte Hermann Knoflacher beweist, dass mit mehr und besser ausgebauten Straßen nicht die Mobilität, sondern nur die Länge der zurückgelegten Wege zunimmt und die Lebensqualität sinkt! Abkehr tut dringend not. Es braucht neue Denkmuster, die für den Rückzug des Autos aus den Lebensräumen sorgen und so zu weniger Lärm, Staub und Abgasen und kürzeren Wegen führen. Die Schaffung kleinräumiger, lokaler Strukturen belebt die Arbeits- und Sozialwelt und davon profitieren wir alle. Fangen wir an. Jetzt!