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Visuelle Konstruktionen des Wohnens in Zeitschriften






Visuelle Konstruktionen des Wohnens in Zeitschriften
Konflikthafte Räume in Kunst – Architektur – Visueller Kultur
Raum läßt sich als komplexes Verfahren verstehen, das in Überlagerungen von ästhetischen, kulturellen und sozialen Praktiken unser gesellschaftliches Wahrnehmen organisiert. In ARCH6 wird erstmals in der deutschsprachigen Kunstgeschichte diese Konzeptionen von Raum mit der Kategorie gender verknüpft. Der Zugang von Irene Nierhaus ist komplex und medienübergreifend und thematisiert die geschlechtliche Struktur von Raum auf unterschiedlichen Ebenen: im Innenraum und städtischen Außenraum, aber auch in den Bildräumen von Malerei und Film. Die Autorin will historisch und sozial Unsichtbares sichtbar machen - daher rührt auch das Lesespiel im Buchtitel, denn erst ausgesprochen wird die Zahl „6“ potentiell auch von „sechs“ zu „sex“. Spannend ist die Lektüre vor allem durch die Verbindung einer reflektierten theoretischen Position mit einer konkreten Arbeit am Material. Beispiele kommen aus dem Wohnen des Historismus, der klassischen Moderne, Denkmälern des öffentlichen Raumes, den Konstruktionen des Sehens in der Renaissance oder den Imagebildungen im Heimat- und Hongkong-Film.
Wohnen ist geprägt von Vorstellungswelten, die in bildlichen und räumlichen Medien entworfen werden. Seit 1800 werden Beziehungen zwischen Bewohner*innenschaft, Räumlichkeit und Dingen als identitätsproduzierende Verhältnisse und gemeinschaftsbildende Prozesse formiert, ästhetisch gestaltet und in verschiedenen Bildsorten, Genres, Bildstrategien und visuellen Verfahren hervorgebracht. Die Beiträger*innen des Bandes fragen nach Zusammenhängen von Bildprozessen und Bedeutungsproduktionen und -verschiebungen im Domestischen und Häuslichen. Sie diskutieren das Mannigfaltige wie das Reproduktive, das Innovative wie das Affirmative des Ästhetischen - und damit die Potenzialität des Bildlichen im Wohnen.
Die Matratze ist Grundelement des Wohnens, jenes Ding unseres Alltags, auf dem wir schlafen, lieben, faulenzen, träumen, gesunden und sterben. Sie ist Inbegriff von Intimität und Körperlichkeit und zugleich Agentin von Normierungen in Subjektivierungsprozessen und sozialen Beziehungen. Die Matrize dient in diesem Band als Theoriefigur, um die Matratze und die mit ihr verbundenen Prägevorgänge und Wissenskomplexe am vermeintlich privatesten Ort zu betrachten.
Mit der Moderne ist Wohnen zu einem umkämpften Schauplatz gesellschaftlichen Handelns geworden, in dessen Mitte die Verhandlung des Subjekts und seiner sozialen Beziehungen steht. In unterschiedlichen Medien wie Architektur, Ausstellung, bildender Kunst, Zeitschrift, Film oder Literatur werden Modelle und Vorbilder produziert. In diesem Zeigen des Wohnens sind explizit und implizit Bewertungen und Erzählungen von einem richtigen oder schlechten Wohnen enthalten. Damit wird ein »Wohnwissen« realisiert, das an der Organisation der Wohnbauten und Wohnräume ebenso teilhat wie an den Bildwelten des Wohnens und an Vorstellungen von und über Bewohner_innen. Die Beiträge des Bandes loten Wohnen als Verfahrensspielraum zwischen Didaktik und Handlungspotenzial aus. Band 1 der Reihe »wohnen+/-ausstellen«.