Die Theaterwissenschaft hat, ähnlich wie andere Disziplinen, einen herausfordernden Emanzipationsprozess durchlaufen, an dem Max Herrmann (1865-1942) entscheidend beteiligt war. Seit 1900 hielt er regelmäßig Vorlesungen zur Theatergeschichte und verfasste das erste Standardwerk der neuen Disziplin. 1923 gründete er in Berlin das erste eigenständige Institut für Theaterwissenschaft weltweit. Herrmann wird heute als international anerkannter 'Gründungsvater' der Theaterwissenschaft angesehen. Die vorliegende Arbeit analysiert den Prozess der Institutionalisierung auf mehreren Ebenen: Sie diskutiert Methoden der Wissenschaftsgeschichte, untersucht den Wandel bürgerlicher Bildungsideale im 19. Jahrhundert und beleuchtet die Traditionen der Theaterforschung im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Zudem bietet die Studie eine ausführliche Biographie Herrmanns und beschreibt seine Beiträge zur Theaterwissenschaft im Kontext zeitgeschichtlicher Strömungen und der Arbeiten anderer Wissenschaftler. Auch die Rezeption seines Werkes im In- und Ausland wird behandelt. Unveröffentlichte Materialien im Anhang ermöglichen es dem Leser, das neu entworfene Bild von Herrmann zu vertiefen. Diese Arbeit ist grundlegend für das Verständnis der Entwicklung der Theaterwissenschaft und bezieht auch die Geschichte anderer Geisteswissenschaften ein, von der Germanistik über die Archäologie bis zur Völkerkunde.
Stefan Corssen Libri
