"This book digs into the rich and mostly unexplored history of how the human sciences approached the unborn in terms of "fetal life" by extending their gaze and research to what they called "the period before birth.""--
Caroline Arni Libri






Wie in Begriffen von Verwandtschaft und Genealogie die Zugehörigkeit von Personen begründet wird, fasziniert die Geschichtswissenschaft und Anthropologie stets von neuem. Im aktuellen Heft der Zeitschrift L´HOMME wird eine gegenstandsbezogene Hergehensweise versucht: Im Zentrum steht die Geschichte der Deutungen von körperlichen als generativen Substanzen. Dabei ist 'generativ' nicht nur im Sinn von Zeugung gemeint. Vielmehr geht es darum, wie körperliche Substanzen in einer Weise bedeutsam gemacht werden, die Personen und deren Zugehörigkeiten in Begriffen von Verwandtschaft und Abkunft hervorbringt. Präsentiert werden unter anderem Beiträge zur Milchverwandtschaft im Islam, zu DNA-Abstammungstests oder zur Konvertibilität von Blut und Samen in der christlichen Vorstellungswelt.
Die Geschlechtergeschichte scheint sich zur Zeit in einer Phase der Konsolidierung, der Selbstvergewisserung oder gar der Kanonisierung zu befinden. Zu beobachten ist auch, dass die hoch polarisierten programmatischen Debatten gegenwärtig in den Hintergrund rücken und an ihre Stelle eine unaufgeregte Anwendung verschiedener Ansätze in einer thematisch weit gefächerten empirischen Forschung tritt. Vor diesem Hintergrund diskutieren die Beiträger des Themenhefts aktuelle Herausforderungen an die Geschlechtergeschichte: Wie ist der Diskussionsstand des geschlechterhistorischen Feldes im Kontext aktueller Tendenzen der Geschichtswissenschaft einerseits und der interdisziplinären Geschlechterforschung andererseits zu beurteilen? Wo liegen interessante Problemstellungen für die geschlechtergeschichtliche Forschung angesichts der Gleichzeitigkeit von Umbrüchen und Kontinuitäten in Gegenwartsgesellschaften?
Lauter Frauen
Zwölf historische Porträts
Wie lassen sich fünf Jahrhunderte Frauengeschichte erzählen? Die Autorin Caroline Arni beginnt bei ihrer Grossmutter. Darauf folgen elf poetische Porträts von bekannten und weniger bekannten Persönlichkeiten von der Reformation bis ins 20. Jahrhundert. So individuell und singulär die Lebensläufe der hier porträtierten Frauen sein mögen, zusammen geben sie Einsicht in die Weltgeschichte. Nicht alle erfuhren dasselbe Unrecht, kämpften für oder gegen dieselben Ideen, aber jede hatte ihre eigenen Träume. Die Historikerin lenkt den Blick auf die Frage, wie in Biografien einzelner Frauen Allgemeines sichtbar wird: die Geschichte der Arbeit, die Geschichte der Kunst, die Geschichte der Demokratie, die Geschichte der Sklaverei oder die Geschichte der Ideen. Wenn Arni von diesen Frauen erzählt, wird ein Stück Schweizer Geschichte fassbar. Die Künstlerin Karoline Schreiber nähert sich den Frauen mit ihren Illustrationen. Die Skizzenhaftigkeit ihrer Bilder lässt erahnen, dass die Spuren, die ein Leben in den Archiven und Geschichtsbüchern hinterlässt, unterschiedlich deutlich sind – besonders die von Frauen.
Band 7 der Stadt.Geschichte.Basel behandelt die Auswirkungen von Kriegen und Konflikten auf Basel, die Entwicklung zur "Chemiestadt", das Wachstum bis in die 1960er-Jahre, den modernen Verwaltungsaufbau und den Kampf um politische Mitsprache der Frauen sowie den Aufstieg der Wissensgesellschaft in einer religiösen Stadt.
Protest!
Protestez!
Die Kritik an der modernen Geschlechterordnung fokussiert sich stark auf Naturbezüge, wobei argumentiert wird, dass das vermeintlich Natürliche vollständig kulturell ist und die Geschlechterordnung sowie Geschlechtlichkeit sozial konstruiert sind. Diese Sichtweise führt dazu, dass Argumente, die sich auf Natur beziehen, oft dem Verdacht des Essentialismus ausgesetzt sind. In der historischen Analyse zeigt sich jedoch, dass diese Kritik eine vorschnelle Begrenzung darstellt, da nicht hinterfragt wird, was Akteur*innen meinen, wenn sie von „Natur“ sprechen, oder wenn ein absoluter Naturbegriff verwendet wird, der seinerseits historisch ist. In diesem Heft werden solche Fragen anhand von Fallstudien von der Antike bis ins frühe 20. Jahrhundert behandelt. Die Themen umfassen unter anderem die Rolle der Inkas, Carolyn Merchants „Death of Nature“, tierische Beziehungen, Schweizer Naturforscher in Niederländisch-Ostindien, die Auseinandersetzung mit vormodernen Geschlechtsidentitäten und die Verkörperung der Natur in Plinius’ „Naturalis historia“. Die Diskussion beleuchtet die Kontingenz von Natur und deren Beziehung zu Geschlecht in verschiedenen historischen Kontexten und leistet so einen wichtigen Beitrag zur aktuellen Debatte über „Natur“, Kultur und die geschlechtliche Ordnung der Gesellschaft.