Christof May, eb.1973. Studium der Philosophie und der Theologie in Frankfurt und Rom. Priesterweihe 2000. Promotion 2002 über „Pilgern -Menschsein auf dem Weg ”. Priester des Bistums Limburg; unternimmt regelmäßig Pilgerreisen und Wallfahrten; wiederholt Tätigkeit als Wallfahrtsseelsoger im Santuario Santissimo Crocifisso, Siculiana (Sizilien). Wenn sich die Kirche verstärkt auf ihre pilgernde Dimension konzentriert, wird sie für junge Menschen attraktiver; anziehend - in dem Sinn, dass sie sich selbst als Weggemeinschaft versteht. Dadurch kann sie auf die Passantenmentalität vieler junger Menschen eingehen. Anders gewendet: kirchliche Verkündigung und Katechese finden nicht ausschließlich im binnenkirchlichen Raum statt. Um den Glauben weiterzugeben, gilt es, das eigene kirchliche Milieu zu verlassen und sich auf die Schrittgeschwindigkeit des vorherrschenden Lebensgefühls Jugendlicher einzulassen. Durch das Mitgehen und Begleiten erfährt der Firmand, dass er mit seinen Fragen ernst genommen wird, dass andere sich auf sein Lebenstempo einlassen. Auf dem Weg wandelnd, wandelt sich nach und nach der orientierungslose Trendsetter zum Pilger.
Christof May Libri


Von Natur aus vollzieht sich Menschsein in Bewegung. Worin findet diese Mobilität ihre Motivation? Ist die Existenzform des Menschen Pilgerschaft oder Vagabondage? Ein Vergleich zwischen christlichem und heidnischem Pilgern in der Antike zeigt wesentliche Gemeinsamkeiten: Suche nach Sinngebendem, Unterwegssein und Erfahrung von Grenzen. Zugleich handelt es sich dabei um Grunddimensionen des Menschseins, mit denen unterschiedlich umgegangen werden kann. So beschreiben es Samuel Beckett, Albert Camus und Gabriel Marcel auf je eigene Weise. Die Lebensformen der Gegenwart greifen die genannten Wesenzüge auf, beschleunigen und entgrenzen sie und ersetzen die Gestalt des hoffenden Pilgers durch die des sehnsüchtigen Vagabunden, der Sinn in dauernd wechselnden Erlebnisangeboten zu finden sucht. Die Existenzform des Pilgers zeigt dem postmodernen Menschen eine Möglichkeit, seine verschiedenen Lebens- und Erlebnisepisoden durch eine letztgültige Zielausrichtung sinnvoll zu verbinden. Pilgern und die damit verbundenen Erfahrungen von Brüchen und Grenzen bieten eine lebensdienliche und gottesdienstliche Fassung für den Lebensweg, dem symbolisch auf der Pilgerreise nachgegangen wird.