Kopf und Herz vereint zusammen
Grundlinien pietistischer Hochschulbildung






Grundlinien pietistischer Hochschulbildung
Seit gut 200 Jahren sind sogenannte "Evangelisationen" markante Kennzeichen erwecklicher und evangelikaler Bewegungen. In Großveranstaltungen, die meist außerhalb kirchlicher Gebäude stattfinden, werden glaubensinteressierte Menschen mit Kerninhalten der christlichen Lehre vertraut gemacht und zu einer persönlichen Reaktion herausgefordert. Dabei wurden im Laufe der Zeit vielfältige Methoden entwickelt, um diese Werbung für den christlichen Glauben möglichst attraktiv zu gestalten: von musikalischen Umrahmungen über szenische Darstellungen bis hin zu multimedialen Präsentationen mit modernster Technik. Im Zentrum steht dabei vielfach die Inszenierung eines sogenannten "Altar Call", d. h. der Aufforderung an die Zuhörer, die Hingabe an Gott dadurch zu dokumentieren, dass man aufsteht und nach vorne zum Altar bzw. zur Bühne kommt. In diesem Tagungsband des 5. Marburger Neupietismus-Symposiums werden verschiedene historische Facetten dieser Evangelisationsbewegung analysiert, um über ihre aktuelle Relevanz und zeitgemäße Kontextualisierungen in der Postmoderne nachzudenken.
Die evangelische Gemeinschaftsbewegung in Deutschland ist ebenso wie die meisten Freikirchen stark von Impulsen aus England und den USA geprägt. Insbesondere gegen Ende des 19. Jahrhunderts gab es einen großen Einfluss von angloamerikanischen Ideen sowohl struktureller als auch theologischer Art. Sie belebten den Neupietismus und gaben ihm eine ganz eigene Charakteristik. Dieser Tagungsband gibt zum ersten Mal einen Überblick über dieses Forschungsfeld und macht damit ein transatlantisches Beziehungsgeflecht verständlich, das bis heute vielfältige Auswirkungen hat.
Mit dem Begriff Neupietismus wird heute vor allem die Gemeinschaftsbewegung innerhalb der Evangelischen Kirche in Verbindung gebracht, die sich mit 90 Werken, Einrichtungen und Verbänden im Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverband organisiert hat. Vielfältige Impulse für die strukturelle und geistliche Erneuerung des Protestantismus sind von ihr bis heute ausgegangen. Auch für die Zukunft bietet die Bewegung eine Vielzahl von Anregungen, was dieser Tagungsband facettenreich deutlich macht.
Der von der evangelischen Gemeinschaftsbewegung geprägte Pfarrer Theophil Krawielitzki (1866-1942) nutzte bewährte Organisationsformen der Diakonie und schuf mit dem Deutschen Gemeinschafts-Diakonieverband (DGD) innerhalb von wenigen Jahrzehnten ein Werk von mehr als 4000 Diakonissen und Diakonen. Diese verstanden ihren Dienst weniger als Sozialarbeit als vielmehr als Ausgangspunkt zur 'Gewinnung neuer Seelen'. Im Unterschied zur Inneren Mission Wichernscher Prägung verfolgte man keine gesellschaftsdiakonischen Ziele, sondern beschränkte sich auf die Zurüstung Einzelner auf das erwartete nahe Weltende. Die vorliegende Arbeit bietet neben der historischen Darstellung der Anfänge des DGD die systematisch-theologische Analyse der DGD-Konzeption, die sich treffend als 'Diakonische Evangelisation' zusammenfassen lässt, und bedient sich in Anlehnung an Niklas Luhmann auch religionssoziologischer Ansätze.