Nach der Pandemie kehrt das Publikum langsam zurück in die Kulturstätten, doch das frühere Niveau ist noch nicht erreicht. Die Unsicherheiten im Publikum und die Herausforderungen für Veranstalter nehmen zu. Während die Musikwelt oft auf alte Methoden zurückgreift, bleibt die tiefere Problematik des schwindenden Interesses an klassischer Musik unbeachtet. Das Buch untersucht die Veränderungen in der Gesellschaft und die stagnierenden Strukturen im Musikbetrieb. Es fordert eine grundlegende Transformation, um die klassische Musikkultur wieder ins Zentrum des gesellschaftlichen Lebens zu rücken.
Michaela Fridrich Libri




Musik neu vermitteln
Ein Plädoyer
Die Corona-Pandemie hat die Verletzlichkeit des Kulturbereichs schlagartig deutlich gemacht. Für eine performative Kunst wie die Musik trifft das ganz besonders zu. Auf einen breiten gesellschaftlichen Rückhalt können Musiker*innen heute jedenfalls nicht mehr so zählen wie in früheren Zeiten. Weder die rasante Zunahme von Vermittlungsangeboten in den letzten 20 Jahren konnte daran etwas ändern noch die Hilferufe der Musikschaffenden in der Pandemie. Ist die oft behauptetet Relevanz des Klassikbetriebs noch gesellschaftlicher Konsens? Woran liegt es, dass Konzerte oder Opern für die meisten Menschen heute keine herausragende Bedeutung mehr haben? Und warum werden diese Entwicklungen innerhalb der Klassikszene weitgehend ignoriert? Das Buch versucht, Antworten auf solche Fragen zu finden und dabei zu zeigen, weshalb die Bemühungen der Musikvermittlung bisher wenig gefruchtet haben. Es ist auch ein Plädoyer für einen Perspektivwechsel und das Beschreiten neuer Wege der Vermittlung von Musik. Ergänzend beleuchten Gespräche mit sieben profilierten Musikvermittler*innen das Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln.
Pi-hsien Chen
Tastenforscherin zwischen Welten
In ihren Konzerten und auf CDs kombiniert sie gerne Stockhausen mit Beethoven oder Cage mit Scarlatti und enthüllt so überraschende Korrespondenzen zwischen Werken, die Jahrhunderte auseinanderliegen. Die Pianistin Pi-hsien Chen (*1950) ist in beiden musikalischen Welten zuhause: jener der „klassischen“ Komponisten wie auch der des 20. und 21. Jahrhunderts. Den Weg dorthin musste sich Chen allerdings hart erkämpfen: Als „chinesisches Wunder“ wurde sie 1960 bestaunt, als sie neunjährig für ein Klavierstudium aus Taiwan nach Köln kam. Auf eine Virtuosen-Laufbahn mit Schwerpunkt im klassisch-romantischen Repertoire hin trainiert, wurde ihr zunächst prophezeit, dass es für eine große Karriere kaum reichen würde. Eine Prognose, die Pi-hsien Chen mit ihren Erfolgen bei renommierten Wettbewerben, darunter dem 1. Preis beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD 1972 in München, eindrucksvoll widerlegte. Es waren aber nicht nur diese spektakulären Triumphe, die sie zu einer so außergewöhnlichen und spannenden Künstlerin unserer Zeit reifen ließen. Vielmehr ist es die tief auslotende und uneitle Weise, mit der Pi-hsien Chen Klavierwerke aus fünf Jahrhunderten interpretiert und – so der Schriftsteller Navid Kermani über die Pianistin – dem Publikum eine geradezu „transzendente Erfahrung“ beschert. Die Reihe „SOLO – Porträts und Profile“ lädt dazu ein, die Künstlerinnen und Künstler der „klassischen“ Musik kennenzulernen. Erstmals auf dem deutschsprachigen Buchmarkt stehen hier internationale Interpretinnen und Interpreten des 20. und 21. Jahrhunderts im Mittelpunkt. Jedes Buch porträtiert in gut zugänglicher und kompakter Form eine Musiker-Persönlichkeit: Dirigentinnen und Dirigenten, Solistinnen und Solisten, Sängerinnen und Sänger. Biografie und Karriere werden ebenso vorgestellt wie wesentliche Merkmale des individuellen Musizierens. Eine Einordnung des künstlerischen Profils rundet die fundierten Darstellungen ab. Die Autorinnen und Autoren der Reihe sind auf ihrem jeweiligen Gebiet ausgewiesene Fachleute und kommen aus Forschung und Praxis.